Häufig werde ich gefragt, wie Patienten durch die Ernährung ihren Heilungsprozess unterstützen können. Dabei gibt es einige Dinge zu beachten.
Eine antientzündliche Ernährung ist sowohl bei akuten wie auch chronischen Entzündungen ein wichtiger Faktor. Denn Entzündungen sind komplexe Reaktionen, sie werden durch zahlreiche Faktoren beeinflusst. Die Ernährung ist hierbei ein wichtiger Punkt. Während bestimmte Inhaltsstoffe von Lebensmitteln entzündungsfördernd wirken können, hemmen andere Entzündungsprozesse oder regulieren sie. Entscheidend sind hierbei nicht nur einzelne Nährstoffe, sondern auch eine ausgewogene Balance zwischen entzündungsfördernden und entzündungshemmenden Einflüssen.
Ernährungsberatung ist ein ganz individuelles Themenfeld, das nicht in einen einzelnen Artikel passt. Aber neben der ganz individuellen Verträglichkeit und Unverträglichkeiten von einzelnen Lebensmitteln gibt es allgemeingültige Aussagen, welche Ernährung Entzündungen fördert und welche antientzündlich wirken kann. Zusätzlich wirken viele Nahrungsbestandteile antioxidativ und können damit oxidativem Stress entgegenwirken. Dieser spielt insbesondere bei chronischen Entzündungen eine zentrale Rolle.
Zucker, Weißmehl und stille Entzündungen
Ein übermäßiger Verzehr von raffinierten Kohlenhydraten (Zucker, Weißmehl) führt zu einem Anstieg des Blutzuckers. Wenn dieser nicht vollständig in Energie umgewandelt werden kann, dann verbleibt die überschüssige Glukose im Blutkreislauf. Dort reagiert sie unter dem Einfluss freier Sauerstoffradikale mit Proteinen und Fetten. Die hierbei entstehenden Stoffwechsel-Endprodukte lagern sich in den Geweben ab. Dort fördern sie sogenannte stille Entzündungen, die langfristig degenerative Prozesse im Körper beschleunigen können.
Fettsäuren – Balance zwischen Omega-3 und Omega-6
Fettsäuren sind wesentliche Bestandteile der Zellmembranen. Wie ich bereits im Artikel zu den Fettsäuren geschrieben habe, ist das Verhältnis von Omega-3-Fettsäuren zu Omega-6-Fettsäuren entscheidend. Omega-3-Fettsäuren sorgen für die Elastizität der Zellmembran und besitzen starke entzündungshemmende Eigenschaften. Hingegen fördern Omega-6-Fettsäuren die Bildung entzündungsfördernder Botenstoffe.
Ein Verhältnis von Omega-6- zu Omega-3-Fettsäuren von etwa 3–5 : 1 gilt als günstig. Die empfohlene tägliche Zufuhr von mindestens 250 mg Omega-3-Fettsäuren ist über die Ernährung häufig schwer zu erreichen, weshalb eine Supplementierung – insbesondere bei chronischen Entzündungen – sinnvoll sein kann.
Die empfohlene tägliche Zufuhr von Omega-3-Fettsäuren lässt sich durch die Ernährung gezielt unterstützen. Die besonders wichtigen Omega-3-Fettsäuren EPA und DHA finden wir vor allem in fettem Seefisch wie Lachs, Hering, Makrele oder Sardinen. Bereits ein- bis zwei Fischmahlzeiten pro Woche können den durchschnittlichen Bedarf decken. Es gibt auch pflanzliche Omega-3-Quellen wie Leinsamen, Chiasamen oder Walnüsse. Jedoch liefern diese vorwiegend α-Linolensäure (ALA), welche im Körper aber nur begrenzt in EPA und DHA umgewandelt wird.
Wichtig ist vor allem auch die Reduktion Omega-6-reicher Lebensmittel. Ein sehr schlechtes Verhältnis Omega 6 zu Omega 3 haben:
- Sonnenblumenöl und Distelöl, auch Maiskeim- und Traubenkernöl
- Schweinefleisch, Wurstwaren
- Viele Fertigprodukte, Snacks, Fast Food
- Erdnüsse
- Viele Margarinesorten
Ersetzen Sie Ihre Öle durch Rapsöl und Olivenöl, Sonnenblumenöl sollten Sie bitte unbedingt meiden. Essen Sie statt Margarine lieber Butter (in Maßen), statt Schweinefleisch besser Hülsenfrüchte und Eier. Als Snacks eignen sich Nüsse, vor allem Walnüsse und Oliven.
Eiweiße und Aminosäuren
Wir benötigen Eiweiße (=Proteine) als Lieferanten von Aminosäuren. Diese dienen als Baustoffe für Immunzellen und sind aktiv an der Regulation entzündlicher Prozesse beteiligt. Bestimmte Aminosäuren unterstützen die Stabilität der Darmbarriere und helfen somit gegen das Leaky Gut Syndrom. Sie beeinflussen auch die Freisetzung von pro- und antiinflammatorischen Botenstoffen und tragen zur Reduktion von oxidativem Stress bei. Wir sollten daher regelmäßig hochwertige Proteine zu uns nehmen, denn sie können zur Reduktion chronischer Entzündungsprozesse beitragen.
Wo finden wir qualitativ hochwertige Proteine? In: Haferflocken, Fischen, Eiern, Hülsenfrüchten, Nüssen und Samen, sowie in hochwertigem Fleisch (in Maßen). Pflanzliche, eiweißhaltige Alternativen zum Fleisch sind vor allem Tofu und Sojabohnen, aber auch Pilze.
Gemieden werden sollten vor allem stark verarbeitete Produkte, vor allem Wurstwaren und stark gesüßte Milchprodukte.
Bei chronischen Entzündungen ist eine regelmäßige Proteinzufuhr wichtig, idealerweise über den Tag verteilt. Als grober Richtwert gilt 1,0–1,2 g Eiweiß pro kg Körpergewicht.
Probiotika – das Immunsystem sitzt vor allem im Darm
Der Darm ist das größte Immunorgan des menschlichen Körpers. Die Zusammensetzung der Darmflora entscheidet wesentlich darüber, ob entzündliche Prozesse gefördert oder gehemmt werden. Probiotika wie Milchsäurebakterien, Hefen und fermentierte Lebensmittel tragen dazu bei, das mikrobielle Gleichgewicht zu stabilisieren.
Hierbei ist allerdings die persönliche Verträglichkeit entscheidend, vor allem in Hinblick auf Milchprodukte und Histamin.
Probiotisch wirksame Lebensmittel sind fermentierte Milchprodukte wie Naturjoghurt (ungesüßt!) und Kefir. Sie enthalten Bakterien und Hefekulturen, die das Mikrobiom stark regulieren können und damit Entzündungsprozesse im Darm reduzieren.
Gleiches gilt für fermentiertes (nicht pasteurisiertes!) Gemüse wie Sauerkraut, Kimchi und andere fermentierte Lebensmittel wie Kombucha, Apfelessig und Sauerteigbrot.
Probiotisch wirkende Keime bilden kurzkettige Fettsäuren, die pathogene Keime verdrängen und entzündungshemmend wirken. Dadurch wird die Darmbarriere gestärkt und das Immunsystem entlastet.
Damit probiotische Keime wirken können, brauchen sie präbiotische Ballaststoffe. Hierzu zählen Haferflocken, Leinsamen, Chicorée, Zwiebeln, Lauch, Knoblauch und Hülsenfrüchte. Auch resistente Stärke aus gekochten und erkalteten Kartoffeln oder Reis zählt auch zu den nützlichen Präbiotika.
Ballaststoffe als entzündungshemmender Faktor
Ballaststoffe zählen zu den präbiotischen Lebensmitteln und bestehen aus unverdaulichen Zuckermolekülen wie Inulin oder Pektin. Sie binden Stoffwechselgifte, fördern deren Ausscheidung und verhindern so, dass diese die Darmwand passieren und Entzündungsreaktionen auslösen.
Sekundäre Pflanzenstoffe – natürliche Entzündungshemmer
Sekundäre Pflanzenstoffe sind bioaktive Substanzen, die Pflanzen zum Schutz vor Umweltbelastungen bilden. Sie verleihen Lebensmitteln Farbe, Geschmack und Duft und besitzen ein hohes entzündungshemmendes Potenzial. Zu den besonders wirksamen Substanzen zählen Anthocyane, Lycopin, Quercetin und Gingerol. Die wichtigsten Lebensmittelquellen hierfür sind:
Anthocyane (entzündungshemmend, antioxidativ, gefäßschützend) in roten, blauen und violetten Lebensmitteln:
- Heidelbeeren
- Blaubeeren
- Brombeeren
- Himbeeren
- Schwarze Johannisbeeren
- Kirschen
- Rotkohl
- Auberginen (Schale)
Lycopin (entzündungshemmend, antioxidativ, zellschützend) in roten Lebensmitteln:
- Tomaten, Tomatenmark
- Wassermelone
- Pinke Grapefruit
- Hagebutten
Quercetin (entzündungshemmend, antiallergisch, immunmodulierend) in folgenden Lebensmittel:
- Zwiebeln (v. a. rote)
- Schalotten
- Äpfel (mit Schale)
- Brokkoli
- Grünkohl
- Kapern
- Beeren
- Grüner Tee
Sulforaphan (Pflanzenstoff aus Kreuzblütlern)
- Brokkoli (v. a. Sprossen)
- Rosenkohl
- Kohlrabi
Polyphenole
- Olivenöl (extra nativ)
- Grüner & schwarzer Tee
- Kaffee (maßvoll)
- Kakao (ungesüßt)
Auch Gelbwurz und Ingwer besitzen mit Curcumin und Gingerol wirksame entzündungshemmende Eigenschaften.
Es ist sehr sinnvoll, darauf zu achten, dass regelmäßig alle Farben in Form von frisch zubereitetem Gemüse und Obst mal auf dem Teller landen. So ist eine umfassende Zufuhr von sekundären Pflanzenstoffen gewährleistet.
Wie bereits erwähnt ist bei der Ernährung die individuelle Verträglichkeit entscheidend. Natürlich sind bspw. Walnüsse für jemanden mit Allergien tabu, auch wenn sie noch so viele gute Fettsäuren enthalten.
Gleiches gilt auch bei Menschen, die empfindlich auf einzelne Inhaltsstoffe reagieren. Dazu zählen pflanzliche Abwehrstoffe, mit denen sich Pflanzen schützen und die beim Menschen entzündlich wirken können. Dies betrifft vor allem Menschen mit empfindlichem Darm. Zu diesen Substanzen zählen:
- Lectine: in Hülsenfrüchten und Getreiden – können die Darmwand reizen
- Oxalate: in Spinat und Rhabarbar – Schleimhautreizungen
- Saponine: in Hülsenfrüchten und Quinoa – Darmirritationen möglich
- Phytinsäure: in Getreiden und Nüssen – können Mineralstoffbindung stören
Durch Einweichen, Keimen, Fermentieren & Kochen reduzieren sich diese Stoffe deutlich.
Auch Nachtschattengewächse können individuell problematisch sein. Hierzu zählen Tomaten, Paprika, Auberginen und Kartoffeln. Bei manchen Menschen können sie Entzündungen und Scherzen verstärken. Bitte testen Sie individuell die Verträglichkeit.
Kuhmilch und Milchprodukte bei Entzündungen
Kuhmilch ist im Zusammenhang mit Entzündungen differenziert zu betrachten. Sie ist weder grundsätzlich entzündungsfördernd noch pauschal entzündungshemmend. Die individuelle Verträglichkeit spielt eine entscheidende Rolle.
Bei empfindlichen Personen können Bestandteile der Kuhmilch – insbesondere Laktose und Milcheiweiß (Kasein) – Entzündungsreaktionen fördern. Dies gilt vor allem bei einer gestörten Darmbarriere, bestehenden chronischen Entzündungen oder Autoimmunerkrankungen. Kuhmilch kann die Ausschüttung bestimmter Stoffe fördern, die entzündliche Prozesse indirekt verstärken können.
Stark verarbeitete und homogenisierte Milchprodukte sowie gesüßte Milchprodukte sind ungünstig. Hingegen sind fermentierte Milchprodukte wie Joghurt, Kefir oder bestimmte Käsesorten häufig besser verträglich, da Laktose reduziert und Eiweißstrukturen verändert werden.
Im Rahmen einer antientzündlichen Ernährung empfiehlt sich daher ein individueller Umgang mit Kuhmilch. Bei chronischen Beschwerden kann ein zeitlich begrenzter Verzicht sinnvoll sein, um die persönliche Reaktion zu prüfen. Pflanzliche Alternativen oder Schafs- und Ziegenmilch werden oft besser vertragen.
Reduktion stark verarbeiteter Lebensmittel und Einsatz natürlicher Gewürze
Ein zentraler Bestandteil der antientzündlichen Ernährung ist die Reduktion stark und ultra-verarbeiteter Lebensmittel. Diese enthalten häufig Zucker, Transfette, Emulgatoren, künstliche Zusatzstoffe und Geschmacksverstärker, die das Mikrobiom negativ beeinflussen, die Darmbarriere schwächen und systemische Entzündungen fördern können. Kochen und essen Sie frisch!
Es empfiehlt sich der gezielte Einsatz natürlicher Gewürze und Kräuter. Kurkuma, Ingwer, Knoblauch, Zimt, Rosmarin, Oregano und Thymian sind reich an bioaktiven Substanzen und besitzen entzündungshemmende, antioxidative und teilweise antimikrobielle Eigenschaften.
Getränke – welche sind besser, welche schlechter?
Auch die Auswahl der Getränke hat Einfluss auf das Entzündungsgeschehen.
Entzündungsfördernd wirken:
- zuckerhaltige oder mit Zuckeraustauschstoffen gesüßte Getränke
- Softdrinks
- stark gesüßte Fruchtsäfte
- übermäßiger Alkoholkonsum
Entzündungshemmend wirken:
- Wasser
- ungesüßte Kräuter- und Grüntees
- Kaffee in moderaten Mengen (antioxidativ)
Eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr unterstützt darüber hinaus Stoffwechsel- und Entgiftungsprozesse.
Essrhythmus und Essverhalten
Neben der Lebensmittelauswahl spielt auch der Essrhythmus eine wichtige Rolle. Unregelmäßige Mahlzeiten, häufiges Snacken und späte, schwere Mahlzeiten führen zu wiederholten Insulinspitzen und belasten den Stoffwechsel.
Ein strukturierter Essrhythmus unterstützt:
- die Blutzuckerregulation
- die hormonelle Balance
- die Darmgesundheit
Eine antientzündliche Ernährung ist ein ganzheitlicher Ansatz, der das Immunsystem, den Darm, den Stoffwechsel und oxidative Prozesse positiv beeinflusst. Durch die bewusste Auswahl von Lebensmitteln, den Verzicht auf stark verarbeitete Produkte, den gezielten Einsatz natürlicher Gewürze, eine überlegte Milchproduktwahl, entzündungshemmende Getränke sowie einen regelmäßigen Essrhythmus kann das Entzündungsgeschehen nachhaltig reduziert werden. Entscheidend ist dabei stets die individuelle Anpassung an persönliche Bedürfnisse und Verträglichkeiten.
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