Auch Vegetarier und Veganer kommen nicht immer auf die 5 Portionen Obst und Gemüse am Tag. Diese gelten als Mindestmenge für eine ausreichende Versorgung mit Vitaminen und Mineralstoffen. Aber gerade Menschen, die auf alle tierischen Produkte verzichten, fehlen sehr häufig entscheidende Mikronährstoffe. Vegetarisch und vegan bedeutet nicht unbedingt gesünder, vor allem wenn weniger frische sondern mehr hochverarbeitete Lebensmittel gegessen werden.
Sie ernähren sich vegetarisch oder sogar vegan? Das ist aus ethischen Gründen sehr zu begrüßen. Auch in Hinsicht sowohl auf Klima- und Umweltschutz, wie auch aus globaler, sozialer Sicht ist diese Ernährungsweise durchaus positiv.
Damit diese Ernährungsweise gesund ist gibt es aber einiges zu bedenken. Denn eine ausgewogene Ernährung stellt der Verzicht auf tierische Produkte nicht dar. Im Laufe der Zeit stellen sich bei einem vegetarisch/veganen Lebensstil wahrscheinlich Mangelzustände ein, die sich in diffusen Beschwerdebildern äußern können. Das passiert, wenn man sich nur damit beschäftigt, was nicht gegessen wird und außer Acht lässt, was dadurch Wichtiges nicht auf den Teller kommt. Aber keine Sorge: auch das lässt sich lösen…
Vegetarier und vor allem Veganer brauchen Nahrungsergänzungen
Es gibt einige Mikronährstoffe, die wir in nennenswerten Mengen nur in tierischen Lebensmitteln finden. Ein Verzicht führt zu einem Mangel und sollte durch entsprechende Nahrungsergänzungsmittel ausgeglichen werden. Dabei höre ich immer wieder den Einwand: ich bin doch nicht krank – warum soll ich Tabletten einnehmen? Mikronährstoffe sind jedoch keine Medikamente, sondern:
Nahrungs – Ergänzungs – Mittel!
Sie ergänzen, was mit der täglichen Nahrung nicht aufgenommen wird. Was kann Ihnen fehlen, was können die Folgen sein und was sind die Alternativen?
Vitamin B12 (Cobalamin)
Vitamin B12 befindet sich nennenswert nur in tierischen Lebensmitteln, zwar auch in Eiern und Milchprodukten aber v.a. in Fleisch, Innereien und Fisch. Es ist wichtig für:
- Bildung der roten Blutkörperchen (Erythrozyten)
- DNA-Synthese, Zellwachstum, Zellteilung
- Diverse Stoffwechselprozesse, bspw. die Methylierung von Neurotransmittern und Abbau von Homocystein
Mögliche Symptome eines Mangels sind:
- Schwäche, Schwindel, blasse Haut und Schleimhäute, Kurzatmigkeit, Schlafstörungen
- Neuralgien, Parästhesien/Missempfindungen (bspw. Kribbeln an Händen und Füßen), Gedächtnis- und Konzentrationsstörungen
- Durchfall und Schleimhautentzündungen, v.a. im Mund und am Zahnfleisch
- Störungen der Blutbildung, Anämie
- Indirekter Folsäuremangel
- Verstopfung, Appetitlosigkeit und Gewichtsverlust
- Gereiztheit, Aggressivität, Depressionen, Müdigkeit, …
Vitamin B12 ist enorm wichtig für die Methylierung. Fehlt B12 steigt die Konzentration von Methymalonsäure im Urin an. Daher ist dieser Wert ein guter und frühzeitiger Marker für einen B12 Mangel und aussagekräftiger als Vitamin B12 im Blut.
Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) sieht lediglich ein Mindestmaß an 3µg Vitamin B12 pro Tag vor. Viele Therapeuten sehen dies aber als völlig unzureichend an. Zur allgemeinen Prävention werden tägliche Mengen von 50µg bis zu 400µg bei besonders gefährdeten Menschen empfohlen. Aus diesem Grunde reichen Eier und Milchprodukte häufig eben auch nicht aus.
Jod
Jod kommt hauptsächlich in fettreichen Meeresfischen vor. Gute pflanzliche Jodquellen sind ausschließlich Meeresalgen. Jodiertes Speisesalz deckt nur einen minimalen Grundbedarf an Jod.
Wir brauchen Jod für:
- Schilddrüsenfunktion – es ist Bestandteil der Schilddrüsenhormone
- Diverse Stoffwechselprozesse
- Regulation des Kälte- und Wärmeempfindens
- Energiestoffwechsel, Zellatmung (Mitochondrien = Zellkraftwerke)
- Steuerung der körperlichen und geistigen Entwicklung, v.a. auch vorgeburtlich!
Mögliche Mangelsymptome sind:
- Gewichtszunahme, Konzentrationsschwäche, Kälteempfindlichkeit, Verstopfung, Müdigkeit, Schlafstörungen
- Störungen der Schilddrüse
- Herzrasen
- Erhöhte Blutfettwerte
- Trockene, raue Haut und Haare
- Zyklusstörungen, erhöhtes Brustkrebsrisiko
- Erhöhte Fehlgeburtsrate, fetale Missbildungen, Hördefekte
Europa ist weitgehend Jod-Mangel-Gebiet. Die DGE empfiehlt eine tägliche Jodzufuhr von 200µg, im Schnitt nehmen die Deutschen jedoch nur 75µg zu sich – Vegetarier und Veganer senken diesen Schnitt beträchtlich.
Die individuelle Jod-Versorgung sollte im Urin überprüft werden. Blutwerte sind nicht aussagekräftig.
Proteine und Aminosäuren
Veganer haben ein erhöhtes Risiko für einen Mangel an Proteinen. Dies betrifft sie insbesondere dann, wenn sie Proteine hauptsächlich aus eher schlecht verdaulichen Lebensmittelquellen zu sich nehmen oder Probleme mit der Proteinverdauung haben. Proteine sind wichtig für eine Zunahme und Erhaltung an Muskelmasse, sowie für die Knochen.
Proteine sind außerdem die Basis für die verschiedenen Aminosäuren, die wir durch die Nahrung aufnehmen müssen. Vegetarier können auf pflanzliche Proteine, Eier sowie Milch und Milchprodukte zurückgreifen, um Aminosäuren zu erhalten. Diese Proteinträger sollten möglichst miteinander kombiniert werden, da sich dadurch die geringere Bioverfügbarkeit von pflanzlichem Eiweiß erhöht. Es wird dadurch besser aufgenommen.
Gute vegetarische Eiweißquellen sind Milch und Milchprodukte, Eier, Hülsenfrüchte, Nüsse und Ölsamen, Vollkorngetreide, Kartoffeln, Gemüse und Sojaprodukte. Aminosäuren sind extrem wichtig für unseren Stoffwechsel.
Vegetarier und Veganer leiden häufiger als andere Menschen an Problemen mit der Methylierung. Dies ist ein sehr wichtiger Prozess, der ständig in unseren Körperzellen abläuft. Sogenannte Methyldonatoren sind bspw. Methylcobalamin (Vitamin B12, siehe oben), die schwefelhaltige Aminosäure L-Methionin oder Cholin. L-Methionin findet sich in Fleisch, Lachs und Eiern, sowie in einigen pflanzlichen Lebensmitteln wie Sojabohnen, Wal- und Paranüssen.
Eine eingeschränkte Methylierung macht sich vor allem im Hormonsystem und bei den Neurotransmittern bemerkbar. Werden diese nicht ausreichend gebildet oder entstehen Ungleichgewichte, so merken wir dies bspw. in einer verminderten Stress-Resistenz, erhöhter Erschöpfung bis hin zu Burnout-Symptomen. Aber chronische Schmerzzustände können unter Umständen auf eine mangelnde Methylierung zurückzuführen sein.
L-Phenylalanin ist auch eine essenzielle Aminosäure. Das heißt, wir müssen sie durch die Nahrung aufnehmen. L-Phenylalanin ist der Baustoff für die Bildung von bestimmter Neurotransmitter, wie Dopamen und Adrenalin. L-Phenylalanin findet sich hauptsächlich in Fleisch, Fisch, Milch und Eiern. Pflanzliche Quellen sind Kürbiskerne, Walnüsse und Weizenvollkornmehl. Ein Mangel führt zu: Verminderte Stressresistenz, depressive Verstimmung, Motivationsverlust, Erschöpfung, Konzentrationsmangel, …
Auch Cholin findet sich hauptsächlich in Fleisch, Fisch, Milch und Sojabohnen. Ein Mangel führt zu vermindertem Acetylcholin – dies ist ein Neurotransmitter, der enorm wichtig ist für unsere Gehirnleistung. Auch Fetteinlagerungen in der Leber werden durch einen Mangel an Cholin gefördert.
Für eine gute ergänzende Versorgung mit Aminosäuren gibt gute Kombipräparate.
Omega-3-Fettsäuren
Gute Quellen für Omega-3-Fettsäuren sind fette Kaltwasserfische. Sie liefern verschiedene Formen der Fettsäuren. Leinsamen, Leinöl aber auch Raps-, Nuss oder Sesamöl sind gute Quellen für Omega-3-Fettsäuren. Gerade diese Öle werden aber eher selten gegessen. Somit reicht häufig die Zufuhr über Öle einfach nicht aus. Daher empfehle ich bei vegetarisch/veganer Ernährung und den dementsprechenden Symptomen zusätzliche Nahrungsergänzungsmittel. Auf Basis von Mikroalgen gibt es gute vegane Quellen für eine ausreichende Versorgung mit Omega 3. Auch präventiv gehören Omega 3 Fettsäuren zu wichtigen Faktoren für die Gesundheit.
Omega 3 Fettsäuren sind wichtig für die Zellmembranen, die Blutgefäße und einen gesunden Fettstoffwechsel. Aber auch eine gute Gehirn- und Nervenleistung hängen hiervon ab.
Eisen
Eisen aus Pflanzen wird schlechter aufgenommen als Eisen aus Fleisch und anderen tierischen Produkten. Daher müssen Vegetarier/Veganer auf eine erhöhte Zufuhr achten. Es gibt aber auch Beobachtungen, dass der Stoffwechsel sich auf eine verminderte Zufuhr einstellt und weniger Eisen abgibt. Bei folgenden Symptomen sollte an einen möglichen Eisenmangel gedacht und der Ferritinwert überprüft werden: Müdigkeit, Kälteempfindlichkeit, Anämie, Blässe, brüchige Nägel, Haarausfall, Schwindel und Kurzatmigkeit.
Vitamin B2 (Riboflavin)
Vitamin B2 findet sich vor allem in Milch und Milchprodukten, aber auch in Eiern und Fleisch. Pflanzliche Nahrung enthält nur relativ wenig Vitamin B2. Dabei ist es wichtig für den Energiestoffwechsel und körpereigene Entgiftung. Ein Mangel zeigt sich in Form von Muskelschwäche, erhöhte Müdigkeit und Fatigue oder Hautauffälligkeiten wie Rötungen und Schuppen.
Untersuchungen können Mängel aufdecken
Da ich mich selbst seit über 15 Jahren überwiegend vegetarisch ernähre, selten mal etwas Fisch und noch deutlich seltener Fleisch esse, habe ich mich mit dieser Ernährungsweise sehr intensiv beschäftigt. Ich beobachte vor allem, dass vielen Vegetariern gar nicht bewusst ist, dass sie einen Mangel erleiden können. Lassen Sie sich beraten, vor allem wenn Sie an einem der oben genannten Symptome leiden. Folgende Laboruntersuchungen geben Auskunft:
- Vitamin B12 = Methylmalonsäure im Urin
- Jodid im Urin
- Methylguppendonatoren im Urin
- Aminosäuren im Blut
- Adrenalin, Noradrenalin und Dopamin im Urin
- Omega-3 Fettsäuren im Blut
Quellen:
Dieter Henrichs, Handbuch der Nähr- und Vitalstoffe (Constantin Verlag)
Dr. Christina Schmidbauer, Mikronährstoffcoach (Verlagshaus der Ärzte)
Burgerstein, Handbuch der Nährstoffe (Trias Verlag)
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