Blähbauch direkt nach dem Essen? Reizdarm oder SIBO?

Blähungen und Blähbauch gehören zu den am häufigsten genannten Symptomen in meiner Praxis. Die möglichen Gründe hierfür sind vielfältig. Haben Sie einen Blähbauch sofort nach dem Essen? Dann könnte es ein Dünndarmfehlbesiedelungssyndrom sein, auch SIBO genannt (Small Intestine Bacterial Overgrowth). Hat Ihr Arzt nur die Diagnose „Reizdarm“ für Sie? Dann sollten Sie hier weiterlesen.

Reizdarm oder SIBO?

Reizdarm oder SIBO? (Foto: lightsource/Shotshop.com)

Erst einmal: was ist eigentlich ein Reizdarm? Eigentlich ist das nur eine Verlegenheitsdiagnose wenn keine organischen Gründe gefunden werden. Dann ist es halt die Psyche, der Stress… Da kann man dann nichts machen. Oder doch? Es könnt helfen, vielleicht einfach mal weiter zu suchen… Verschiedene Studien haben gezeigt, dass bis zur 78% der Reizdarm Patienten unter einem SIBO leiden!

Allgemein bekannt ist mittlerweile, dass unser Darm von mehr Bakterien besiedelt wird, als wir Körperzellen haben. Diese finden sich vor allem im Dickdarm, bis zu 500 verschiedene Arten. Im Dünndarm sind deutlich weniger Bakterien vorhanden und vor allem auch keine so große Vielfalt. Hier finden sich vor allem Laktobazillen und Enterokokken. Andere wichtige Vertreter der Dickdarmflora haben im Dünndarm jedoch nichts zu suchen. Warum ist das wichtig?

Dünn- und Dickdarm haben unterschiedliche Aufgaben

Die einzelnen Abschnitte des Darms haben verschiedene Aufgaben und sind daher auch ganz unterschiedlich aufgebaut. Der Dünndarm dient der Aufnahme von Nähr- und Mikronährstoffen. Damit diese optimal resorbiert werden können ist die Struktur der Dünndarmschleimhaut mit Zotten, Falten und Mikrovilli besonders gestaltet, um eine größere Oberfläche zu bieten. Wie groß diese Oberfläche tatsächlich ist, variiert je nach Lehrbuch. Ca. so groß wie ein Tennisplatz – das gibt eine ungefähre Vorstellung.

Aus dem Speisebrei entsteht im Verlauf der Passage durch den Darm der Stuhl, auch Faeces und im Tierreich Kot genannt. Der Dickdarm entzieht dem Stuhl weiteres Wasser und speichert ihn bis zur Ausscheidung (Stuhlgang). Hier findet sich nun eine riesige Anzahl von Darmbakterien. Diese dienen unter anderem der Bildung kurzkettiger Fettsäuren. Außerdem verdauen sie für uns nicht verdauliche Nahrungsbestandteile. Auch die Bildung von Vitamin K findet hier statt.

Typische Symptome des Reizdarms sind auch die des SIBO

Befinden sich alle Bakterien an der richtigen Stelle, kann jeder seinen Job machen und dem Menschen geht es gut. Wenn jetzt aber typische Vertreter des Dickdarms in den Dünndarm wandern oder sich dort Bakterien ansiedeln, die überhaupt nicht in den Darm gehören, dann entstehen Symptome. Leiden Sie unter:

  • Blähungen direkt nach dem Essen, v.a. nach Rohkost
  • Schmerzen im Bereich um den Bauchnabel
  • Aufstoßen
  • Übelkeit
  • Mundgeruch oder komischer Geschmack im Mund
  • Breiigem oder eher flüssigen Stuhl, Durchfall (Verstopfung ist aber auch möglich)
  • Nahrungsmittelunverträglichkeiten
  • Dem Gefühl, sie vertragen irgendwas nicht richtig, wissen aber nicht was?

Dies sind die typischen Symptome eines SIBO. Es müssen dabei aber nicht alle Symptome auftreten. Insbesondere dann, wenn Ihr Arzt die Diagnose „Reizdarm“ gestellt hat, dann sollten Sie sich nicht damit zufriedengeben. Denn Reizdarm ist nur eine Ausschlussdiagnose. Das heißt, wenn die Untersuchungen kein Grund für die Beschwerden geben, dann wird diese Diagnose häufig gestellt. Gefunden werden kann aber nur das, was auch gesucht wird – und auf ein SIBO untersuchen die allerwenigsten Ärzte!

Meiner Erfahrung nach ist es auch gar nicht so selten, dass Menschen mit einer chronischen Darmentzündung wie Morbus Crohn oder Colitis ulcerosa zusätzlich an einem SIBO leiden. Dieses ist dann häufig die Ursache für die Symptome und gar nicht die chronische Entzündung.

Ursachen des SIBO

Was genau zum SIBO geführt hat lässt sich beim einzelnen Patienten meist schlecht ermitteln. Generelle Risikofaktoren sind allerdings eine schlechte Verdauungsleistung, Störungen des Immunsystems und eine nicht gut schließende Ileozäkalklappe (trennt Dünn- und Dickdarm).

Einer der Hauptgründe ist aber vor allem eine langfristige Einnahme von Protonenpumpenhemmern wie Pantroprazol oder Omeprazol. Diese verändern den pH-Wert im Magen und führen zu einer verringerten Verdauungsleistung. Der Darm wird dadurch für Störungen anfälliger. Mit langfristig meine ich übrigens alles, was bereits über eine Woche Einnahme hinaus geht.

Vom Verdacht zur Diagnose

Zur Diagnostik des SIBO dient ein Atemtest, den Sie bequem zuhause durchführen können. Für diesen Test trinken Sie eine Glukose-Lösung und atmen danach in spezielle Probengefäße. Glukose wird normalerweise erst im Dickdarm durch die dort ansässigen Bakterien verstoffwechselt. Finden sich nun diese Spezies im Dünndarm bildet sich dort vermehrt Wasserstoff und Methan. Der Blähbauch entsteht. Die Gase nehmen wir über das Blut auf und atmen sie ab. Der in der Atemluft gemessene Gehalt von Wasserstoff und Methan gibt Aufschluss über ein SIBO.

Ein Labortest gibt Aufschluss. Lassen Sie sich beraten zur Diagnose und vor allem zur Therapie.

 

https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/28274108/

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