Fieber? Ibuprofen & Co. werden knapp – und nun?

Die Ruhrnachrichten berichten heute über Lieferschwierigkeiten bei verschiedenen Fiebersenkern wie Ibuprofen- und Paracetamol-Säften und -Zäpfchen. Gründe dafür seien nicht bekannt. Wie bei so vielem zurzeit werden wohl Lockdowns und unterbrochene Lieferketten dahinter stecken. Warum aber diese Mittel häufig gar nicht nötig sind und warum wir keine Mittel gegen Fieber hamstern müssen. Das erläutere ich Ihnen gerne.

Was ist denn eigentlich Fieber? Ab wann ein Fieber ein Fieber ist und bis wann von subfebrilen Temparuren gesprochen wird ist nicht einheitlich geregelt. Die Grenze liegt je nach Quelle bei 38° und 38,5°. Abhängig sind die Temperaturen auch von der Art der Messung. Oral gemessene Werte liegen ca. 0,4°, unter den Achseln gemessene Werte 0,5° bis 1° unter rektal gemessenen Werten.

Fieber ist keine Krankheit

Fieber ist definitiv keine Krankheit, es muss nicht bekämpft werden. Fiebersenker sind nur in seltenen Fällen sinnvoll. Bei Kindern wird Fieber fast immer durch eine Infektion mit einem Virus oder seltener durch ein Bakterium verursacht.

Fieber tritt dann auf, wenn unser Körper eine bestimmte Gruppe von fiebererzeugenden Stoffen im Blut erkennt. Diese bezeichnet mal als Pyrogene. Pyrogene stammen in erster Linie entweder von Mikroorganismen oder sie werden von Immunzellen freigesetzt, wie bspw. durch die Interleukine 1 und 6.

Unser Thermostat: der Hypothalamus

Pyrogene stimulieren den Hypothalamus, einen bestimmten Teil unseres Gehirns. Dieser ist wie ein Heizungsthermostat für die Regulierung unserer Körpertemperatur verantwortlich. Wenn der Hypothalamus Pyrogene erkennt, stellt er eine neue, höhere Zieltemperatur ein. Damit diese erreicht werden kann, gibt es verschiedene Signale an den Körper, um beim Aufwärmen zu unterstützen.

Wenn das Thermostat nach oben gestellt wird, dann fühlt sich die aktuelle Temperatur zu kalt an, wir frieren. Der Körper wird also versuchen, sich aufzuwärmen. Dafür leitet er Blut von der Haut und der Peripherie weg in den Kern. Er fängt an zu zittern, er bildet eine Gänsehaut. Wir ergreifen Maßnahmen, um uns zu wärmen.

Ganz wichtig ist es zu verstehen: Fieber ist etwas, das der Körper der Infektion antut und nicht umgekehrt. Fieber ist ein Teil der körpereigenen Abwehr! Der Körper hat die Kontrolle und reagiert angemessen. Er wird sich selbst dadurch keinen Schaden zufügen.

Fieber ist also eine natürliche und schützende Reaktion auf eine Infektion. Fieber schadet uns nicht und auch nicht Ihrem Kind.

Warum haben wir Fieber?

Fieber ist eine schützende Reaktion auf eine Infektion. Es ist eine Reaktion, die sogar bei Pflanzen vorkommen kann als Reaktion auf Krankheitserreger. Höhere Körpertemperaturen beschleunigen den Stoffwechsel und aktivieren Teile unseres Immunsystems. Zusätzlich verlangsamen sie das Wachstum von Viren und Bakterien. Bei Fieber fühlen wir uns schlecht, wir legen uns ins Bett und überlassen dem Körper, sich zu heilen. Wir geben ihm die nötige Zeit dafür. Gleichzeitig halten wir uns automatisch vor anderen Menschen fern und verhindern es so, diese anzustecken. Wer auf seinen Körper hört, Krankheitszeichen erkennt und der Natur nach handelt braucht also weder eine Isolations- noch eine Maskenpflicht.

Leider vertrauen wir aber viel zu wenig unseren natürlichen Mitteln gegen Krankheiten. Statt es zu akzeptieren, krank zu sein möchten wir möglichst schnell wieder funktionieren. Wir greifen zu Schmerzmittel wie Ibuprofen oder Paracetamol.

Auch Kindern wird häufig der natürliche Heilungsprozess nicht zugetraut oder zugemutet. Wir möchten die Kinder nicht leiden sehen. Oder deren Krankheit stört den familiären „Betriebsablauf“ bei arbeitenden Eltern. Also wird der hochwirksame Fiebermechanismus allzu oft mit Fiebersenkern ausgeschaltet.

Fiebersenker helfen nicht beim Heilen

Fiebersenker senken das Fieber, sie behandeln keine Erkrankung, sie heilen nicht! Dies sollten wir uns immer bewusst machen. Denn Fieber ist keine Krankheit, es ist der körpereigene Mechanismus, um mit Krankheit fertig zu werden. Es sollte also immer der Patient behandelt werden und nicht das Symptom, die erhöhte Temperatur. Solange es dem Patienten nicht wirklich schlecht geht, sollte das Fieber ausgehalten werden.

Wann muss ich mir bei Fieber Sorgen machen?

Hat ein Kind Fieber, ist dies also nur ein Zeichen dafür, dass eine Infektion vorliegt. Interessant ist nun aber, welche Infektion hat das Fieber ausgelöst? Ist es eine harmlose Virusinfektion, die gerade Kinder sinnvollerweise immer wieder erleiden und die von selbst wieder ausheilt. Oder gibt es Anzeichen einer schweren bakteriellen Infektion?

Die große Mehrheit der Infektionen in der frühen Kindheit wird durch gutartige Kinderviren verursacht, die von allein abklingen. Auch leichte bakterielle Infektionen wie Hals- oder Ohrenentzündungen heilen bei den meisten Kindern ohne Behandlung ab.

Bei welchen Symptomen ist noch alles in Ordnung?

  • Lassen Sie Ihr Kind schlafen, wenn es möchte. Es sollte aber einfach sein, es aufzuwecken.
  • Es ist in Ordnung, wenn Ihr Kind anhänglich oder auch mal quengelig ist. Solange es sich trösten lässt, ist sehr wahrscheinlich alles in Ordnung.
  • Wenn das Kind keinen Appetit hat und eine Weile nichts essen möchte, so ist das in Ordnung. Es sollte aber ausreichende Mengen trinken.
  • Ein Hautausschlag ist dann nicht schlimm, solange er blass wird, wenn Sie darauf drücken oder die Haut dehnen. Er sollte nicht dunkel sein und wie ein Bluterguss aussehen.

Bei Fieber, das über länger als 5 Tage anhält, sollte der Kinderarzt kontaktiert werden. Auch Säuglinge, die jünger als 3 Monate alt sind, haben ein erhöhtes Risiko und reagieren noch anders. Auch bei Kindern mit schweren Vorerkrankungen sollte natürlich eine erhöhte Wachsamkeit gegenüber Krankheitszeichen erfolgen. Bei allen anderen gibt es keinen Grund, kleinste Temperaturanstiege direkt mit Fiebersenkern zu bekämpfen. Sie schaden damit dem Kind wesentlich mehr, als dass Sie ihm helfen.

Was ist mit Krämpfen?

Kleine Kinder haben eine niedrigere Krampfschwelle als Erwachsene und Fieber senkt die Krampfschwelle weiter. Es ist bekannt, dass manche Kinder infolge von Fieber Krampfanfälle bekommen können. Diese scheinen nicht mit der Höhe des Fiebers zusammenzuhängen. Fieberkrämpfe passieren und können wahrscheinlich auch nicht durch Fiebersenker verhindert werden. Sie sind unabhängig von der Körpertemperatur. Fieberkrämpfe stellen nicht automatisch eine ernsthafte, gesundheitliche Gefahr dar. Meistens verlaufen sie kurz, enden ohne Behandlung und haben keine dauerhaften Folgen.

Wie verhalten Sie sich am besten bei einem Fieberkrampf Ihres Kindes? Bleiben Sie ruhig und schützen Sie das Kind vor Verletzungen. Halten Sie sanft seinen Kopf oder polstern ihn ab. Achten Sie auf die Uhr. Dauert der Krampf, also Steifheit oder Zuckungen, länger als 5 Minuten dann kontaktieren Sie den Notruf 112. Hilfreich wäre es, den Fieberkrampf mit dem Handy zu filmen. Kommentieren Sie dabei, was passiert. Später kann man sich häufig nicht an Einzelheiten erinnern. Dies könnte den Ärzten weiterhelfen in der Diagnose. Drehen Sie Ihr Kind sobald es geht auf die Seite, in die stabile Seitenlage. Dies unterstützt beim Atmen und dabei evtl. Erbrochenes abzugeben. Bleiben Sie auf jeden Fall bei Ihrem Kind, bis es sich vollständig erholt hat.

Was sind Notfälle?

Bei folgenden Symptomen sollten Sie allerdings aufpassen:

  • Das Kind ist jünger als 1 Jahr.
  • Der Fieberkrampf dauert länger als 5 Minuten
  • Ein neuer Krampf beginnt, bevor sich das Kind vom letzten erholt hat.
  • Ihr Kind ist verletzt.
  • Es atmet auffallend anders.
  • Ihr Kind ist ausgesprochen schwach nach dem Krampf, sieht Doppelbilder oder kann nicht richtig sprechen.
  • Es ist besonders aufgeregt oder stark lethargisch.
  • Der Körper fühlt sich kalt an oder das Kind hat blaue Lippen.
  • Die Haut hat einen Ausschlag oder sieht stark gefleckt aus.

In diesen Fällen sollten Sie dringend den Notarzt kontaktieren.

Notfälle stellen aber absolute Ausnahmen dar. Neigte Ihr Kind in der Vergangenheit nicht zu Fieberkrämpfen, so gibt es keinen Grund es nicht mal fiebern zu lassen. Auch hohe Temperaturen bis zu 40°C sind allermeistens normale Reaktionen des Körpers. Ein zu häufiges Eingreifen mit Fiebersenkern stört jedoch nachhaltig die Fähigkeit des Körpers, sich selbst zu regulieren und zu heilen.

Viele Erwachsene kennen das Phänomen. Sie werden nicht mehr richtig krank, sie entwickeln kein Fieber – dafür haben sie viel länger mit Infektionen zu tun, als es notwendig wäre. Häufig wurden Fiebersenker in der Kindheit eingesetzt. Es macht absolut keinen Sinn, die körpereigenen Schutzmechanismen zu bekämpfen!

Quellen:

https://what0-18.nhs.uk/parentscarers/worried-your-child-unwell/seizurefebrile-convulsion

https://alasdairmunro.substack.com/p/dont-fear-the-fever

Ruhrnachrichten, 25.07.2022

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