Übergewicht? Schauen Sie mal in den Einkaufswagen

Alle Lebewesen besitzen von Natur aus ein fein abgestimmtes Regulationssystem zur Steuerung ihrer Nahrungsaufnahme, auch der Mensch. Hormone steuern den Energiehaushalt und die Menge der aufgenommenen Nahrung. Dieses System arbeitet eng zusammen mit einem Netzwerk von Blutgefäßen und Nerven. Die Signale von Bauch und Gehirn werden fein miteinander abgestimmt. Ohne unser bewusstes Eingreifen reguliert unser Körper das Hungergefühl und die Menge wieviel wir essen. Die Art der Lebensmittel bestimmt dieses System und damit unser Übergewicht.

Hochverarbeitete Nahrungsmittel fördern Übergewicht

Hochverarbeitete Nahrungsmittel fördern Übergewicht

Der oberste Chef dieser Regulation ist der Hypothalamus. Dieser steht im engen Kontakt zum limbischen System, das als Zentrum für Emotionen und auf diesen basierendes Verhalten gilt. Das limbische System beinhaltet auch ein Belohnungssystem, das zur Nahrungssuche und zum Essen motiviert.

Tiere in freier Wildbahn entwickeln kein Übergewicht

Tiere in der freien Wildbahn entwickeln kein Übergewicht. Selbst wenn ein Nahrungsüberschuss herrscht, nehmen sie nicht mehr Nahrung auf, als sie für ihren Energiehaushalt benötigen.

Essen kann allerdings süchtig machen. Dies gilt für Nahrungsmittel, die das Belohnungssystem ansprechen. Insbesondere Zucker, Fett, Salz, Aromastoffe und Geschmacksverstärker stören unsere Sinne. Am schlimmsten sind in diesem Zusammenhang natürlich Nahrungsmittel, die mehrere dieser Stoffe beinhalten. Denn diese setzen das biologische Regulations- und Kontrollsystem außer Kraft. Stattdessen aktivieren sie das Belohnungssystem im Gehirn, ähnlich wie Alkohol oder Drogen. Dies führt dann dazu, dass wir übermäßig viel essen und manche Menschen dies schon fast gar nicht mehr kontrollieren können.

Diese Fehlreaktion kommt bei natürlichen und naturbelassenen Lebensmitteln nicht vor. Sie wird fast ausschließlich durch hochverarbeitete Nahrungsmittel ausgelöst, die in der Regel Zucker, Fett und Salz beinhalten. Genau diese Stoffe hemmen die Regulationssysteme zur Sättigungskontrolle. Es besteht nachweislich ein Zusammenhang zwischen hochverarbeiteten Fertigprodukten und Übergewicht.

Hochverarbeitete Nahrungsmittel fördern Übergewicht

Was kennzeichnet hochverarbeitete Nahrungsmittel? Es handelt sich einerseits um industriell stark verarbeitete Fertigprodukte, zum anderen um gesüßte Getränke. Diese Produkte führen dazu, dass Menschen mehr essen, als sie zur Deckung ihres Energiebedarfs benötigen würden.

Diese Art der Nahrungsmittel ist relativ neuartig. Unsere Vorfahren haben sich noch von natürlichen Lebensmitteln ernährt. Sie haben diese haltbar gemacht durch Verfahren wie Fermentation, Pökeln, Räuchern oder Trocknen, welche die Lebensmittel nicht nennenswert verändert haben.

Vor noch nicht einmal 200 Jahren haben die Menschen dann jedoch begonnen, Nährstoffe nach Bedarf neu zu kombinieren. Neu entwickelte Verfahren ermöglichten auf einmal die Produktion von ganz neu geschaffenen, in Struktur und Konsistenz stabilen Nahrungsmitteln.

„Modernes“ Essen hat eine hohe Nährstoffdichte

Zunehmend wurden in diesen Produkten dann Stoffe verarbeitet, die vorher nie Bestandteil der menschlichen Ernährung waren, oder zumindest nicht in den verwendeten Mengen und der Zusammensetzung. Diese neu erschaffenen Nahrungsmittel haben zunehmend immer mehr Anteil in der Ernährung gewonnen. Gerade in den Industrienationen nehmen hochverarbeitete Nahrungsmittel einen überwiegenden Anteil der aufgenommenen Kalorien ein.

Dieser Trend zeigt sich sogar weltweit. Hochverarbeitete Nahrungsmittel führen überall dazu, dass die Menschen mehr Kalorien zu sich nehmen, als ihr Energiebedarf nötig machen würde. Unser Organismus ist immer noch perfekt an die Aufnahme von pflanzlichen und tierischen Lebensmitteln angepasst – zerkleinert und roh oder je nachdem gekocht, gebacken, gebraten oder anders zubereitet.

Industriell hergestellte Nahrungsmittel schmecken immer gleich

Was passiert aber heute? Die Ausgangsbasis für unsere Nahrungsmittel, also Pflanzen, Eier und Fleisch, werden industriell zerkleinert und in ihre Einzelsubstanzen zerlegt. Diese Moleküle werden danach weiterverarbeitet. Dabei verändern sich die Strukturen derart, dass am Ende standardisierte Grundsubstanzen entstehen. Diese dienen dann als Ausgangsbasis für nahezu alle hochverarbeiteten Nahrungsmittel. Das Ziel der Nahrungsmittelindustrie ist es ja gerade, dass ihre Produkte immer gleich aussehen und identisch schmecken. Mit naturbelassenen Lebensmitteln würde man dies nicht garantieren können. Also werden die Stoffe physikalisch und chemisch verarbeitet und verändert.

Aus diesen Grundsubstanzen kann die Industrie alles herstellen, was ihr beliebt. Durch Süßen, Aromatisieren und Einfärben werden die Stoffe attraktiv gemacht für Auge und Geschmacksnerven. Zum Stabilisieren und Konservieren werden dann weitere Stoffe hinzugefügt. Dies alles lässt sich dann in jede Form und Textur bringen, die man haben möchte.

Lachs aus Schimmelpilzen

So hat bspw. Rewe letztes Jahr Lachs aus dem 3D-Drucker eingeführt. „Der Westen“ schreibt zu dem Produkt von Revo Foods: „Mycoprotein ist die Basis des Lachses. Dieses stammt von einem Schimmelpilz, welcher Fasern besitzt, die den Muskelfasern sehr ähnlich sind. Außerdem eigne sich diese Basis nicht nur als Fleischalternative, sondern besitze auch einen hohen Nährwert.“ Ob man das nun essen mag ist Geschmackssache…

Gerade vegane Ersatzprodukte sind häufig mit einer Vielzahl von Aromastoffen und Geschmacksverstärkern angereichert mit dem Ziel die Produkte so nah am Original zu bringen wie möglich. Aber natürlich sind alle hochverarbeiteten Produkte in dieser Form so hergestellt. Dies trifft auf die Tiefkühlpizza genauso zu wie auf Müsliriegel, Kekse oder Fertigmenus. Diese Produkte zeichnen sich in der Regel durch einen übermäßigen Geschmack aus. Der Erdbeerjoghurt „duftet“ ja auch viel intensiver nach Erdbeeren als der mit Erdbeeren frisch angerührte Joghurt – oder?

Etwaige natürliche Mikronährstoffe sind bei diesem Prozess schon lange auf der Strecke geblieben. Um den Produkten einen natürlichen Anstrich zu verpassen, werden dann häufig bspw. Vitamine künstlich zugesetzt.

Von frisch bis hochverarbeitet

Unsere Lebens- und Nahrungsmittel werden in 4 Kategorien eingeteilt, bezeichnet als NOVA 1 bis 4.

  1. Stufe: frische Lebensmittel – frisch, getrocknet, erhitzt, gepresst, fermentiert, gefroren. Zum Beispiel: Obst und Gemüse, Fleisch, Fisch, Eier oder Milch
  2. Stufe: verarbeitete Zutaten natürlichen Ursprungs. Sie werden nur für die Zubereitung von Speisen verwendet: z. B. Öl, Mehl, Salz, Zucker. Diese Produkte haben einen hohen Energiegehalt, werden aber nur als Zusätze eingesetzt.
  3. Stufe: Verarbeitete Lebensmittel, die nur wenige Zutaten enthalten, zum Beispiel geräucherter Fisch, saure Gurken oder Dosentomaten
  4. Stufe:  Hochverarbeitete, industrielle Nahrungsmittel, die viele Verarbeitungsschritte durchlaufen haben und viele Zutaten und Zusatzstoffe enthalten. Z.B. Kartoffelchips, Tiefkühlpizza, Softdrinks oder Tütensuppen.

Die letzte Stufe zeichnet sich dadurch aus, dass lediglich in ihr folgende Inhaltsstoffe zu finden sind: u.a. gehärtete Fette, raffinierte Öle, Farbstoffe, Geschmacksverstärker, Süßstoffe, Festigungsmittel, Füllstoffe, Antiklumpmittel, Entschäumungsmittel, Trennmittel, Emulgatoren, Feuchthaltemittel, hoher Salzgehalt und einiges mehr.

Natürliche Ballast- und Vitalstoffe finden sich in diesen Produkten nicht mehr. Dafür beinhalten sie eine Vielzahl von künstlichen Inhaltsstoffen. Diese müssen in einem Zutatenverzeichnis auf der Verpackung deklariert werden.

Zucker wird schnell aufgenommen und sättigt nicht

Nahrungsmittel der Stufe 4 werden häufig ohne eine nennenswerte Verdauungsleistung direkt im oberen Teil des Dünndarms vom Körper aufgenommen. Dies gilt vor allem für zuckerhaltige Getränke und Süßwaren.

Auch die Konsistenz des Lebens- oder Nahrungsmittels beeinflusst die Menge, die wir aufnehmen. Pürierte oder flüssig gemachte Produkte erzeugen deutlich weniger Sättigungsgefühl als naturbelassene Lebensmittel. So muss der Verdauungsapparat bei einem Apfel Fasern und Ballaststoffe verarbeiten, die sich noch in ihrer natürlichen Struktur, der Lebensmittelmatrix befinden. Der Apfel als Saft oder als Püree erfordert weniger Verdauungsarbeit und die Inhaltsstoffe werden schneller resorbiert. Untersuchungen haben ergeben, dass Saft und Püree auch ohne Zusatz von Zucker den Blutzuckerspiegel schneller ansteigen lassen als der rohe Apfel in seiner naturbelassenen Form. Dies ist also ein deutliches Argument für das Essen eines natürlichen Apfels.

Übrigens spielt es bei dieser Betrachtung keine Rolle, ob im Nahrungsmittel der Stufe 4 Inhaltsstoffe aus biologischem Anbau verwendet wurden oder nicht. Auch das Bio-Siegel garantiert nicht, dass das hochverarbeitete Nahrungsmittel gesünder sei. Lassen Sie sich nicht täuschen!

Zahlreiche Beobachtungsstudien haben in den letzten Jahren ergeben, dass der Verzehr hochverarbeiteter Nahrungsmittel die Hauptursache für den weltweit Anstieg von Übergewicht und Fettleibigkeit ist, sowie für zahlreiche andere Gesundheitsprobleme verantwortlich gemacht werden kann.

Quellen

Dr. rer. Med. Franz-Werner Dippel, Ernährung & Medizin, Thieme Verlag 2023

https://www.derwesten.de/panorama/vermischtes/rewe-lachs-3-d-drucker-re-foods-id300659042.html

https://de.wikipedia.org/wiki/NOVA_(Lebensmittelklassifikation)

https://www.ernaehrungs-umschau.de/print-news/08-04-2020-4-stufen-system-fuer-lebensmittel-nach-dem-verarbeitungsgrad/

https://de.openfoodfacts.org/nova

 

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