Schlafen ist gesund. Wer nicht ausreichend schläft ist müde und erschöpft. Das ist soweit bekannt… Welchen Anteil hat aber das „Schlafhormon“ Melatonin daran und was kann Melatonin sonst noch so? Warum haben Menschen mit Depressionen möglicherweise eine erhöhte Gefahr an Infektionen oder gar Krebs zu erkranken? Und welche Rolle spielt auch hierbei wiederum der Darm?
Melatonin ist ein Hormon, das in der Epiphyse (Zirbeldrüse) gebildet wird. Diese Drüse sitzt auf der Rückseite unseres Mittelhirns. Melatonin reguliert den Schlaf-Wach-Rhythmus und wird ausschließlich bei Dunkelheit gebildet. Daher wird es auch „Schlafhormon“ genannt. Leider ist die Produktion von Melatonin ausgesprochen störanfällig. Erinnern wir uns daran, dass unsere Vorfahren noch vor gar nicht so langer Zeit abends nur den Mondschein, Kerzenlicht und Kaminfeuer als Lichtquellen besaßen. Dass wir heute bis spät in die Nacht taghelles Licht zur Verfügung haben, unsere Straßen beleuchtet werden und wir abends ständig in die diversen Lichtquellen wie Handy, Tablet und Fernseher schauen – darauf hat sich die Evolution noch nicht eingestellt. Unserer Epiphyse wird durch jede Lichtquelle jedoch signalisiert: „es ist Tag = wach sein: Produktion von Melatonin einstellen!“
Aktivieren Sie den Nachtfilter am Handy für warmes Licht
Aus diesem Grunde ist es für einen guten Schlaf so wichtig, nachts das Schlafzimmer abzudunkeln und abends die Lampen zu dimmen. Vermeiden Sie vor allem blaues (kurzwelliges) Licht vor dem Schlafengehen. Dieses Licht haben wir natürlicherweise nur bei Tag. Tablets, Handys und Computer haben mittlerweile eine Nachtfunktion, die die Farben und das blaue Licht während des Abends und der Nacht dimmen. „Kalte“ Energiesparlampen sollten durch warm-weiße, rötliche Leuchtmittel ersetzt werden.
Das nächste Problem ist, dass die Produktion von Melatonin mit dem Alter natürlicherweise abnimmt. Daher stammt wohl auch die Bezeichnung der „senilen Bettflucht“… Es gibt aber noch eine Reihe anderer Ursachen, die zu einer Verringerung des körpereigenen Melatonins führen können. Hierfür ist es wichtig zu verstehen, wie Melatonin gebildet wird.
Melatonin wird aus L-Tryptophan gebildet
Der Ausgangsstoff für Melatonin ist L-Tryptophan. Dies ist eine essentielle Aminosäure. Essentiell bedeutet, wir können sie nicht selbst bilden, sondern müssen sie mit der Nahrung zu uns nehmen. Gute Quellen hierfür sind zum Beispiel: Haferflocken, Eier, Kakao, ungeschälter Reis, Walnüsse, Lachs und bestimmte Fleischsorten. Es ist also relativ weit verbreitet und bei einer ausgewogenen Ernährung stellt sich in der Regel auch selten ein Mangel ein.
Depressionen als Folge von Darmerkrankungen
Allerdings bestehen bei einer Vielzahl von Darmproblemen Verwertungsstörungen unserer Nahrung. Eine falsche Zusammensetzung der Darmflora, Schleimhautprobleme, Darmträgheit oder Durchfälle, sowie chronische Entzündungen führen dazu, dass die Nahrung nicht richtig aufgespalten wird. Auch eine schwache Bauchspeicheldrüse verursacht Verdauungsstörungen und vor allem natürlich auch der unkontrollierte Einsatz von Protononenpumpenhemmern der Marken Omeprazol, Pantoprazol, u.a. Durch das Heraufsetzen des pH-Werts im Magen wird die Proteinverdauung gestört. Aminosäuren sind die kleinsten Bausteine der Proteine. Somit wird klar, dass bei einem künstlichen Eingriff in die biochemischen Vorgänge der Verdauung Probleme entstehen können. Gerade ältere Menschen bilden sowieso schon weniger Magensäure. In der Folge werden Proteine nicht ausreichend aufgespalten und der Mensch mit wenig Magensäure bekommt zu wenig von den essentiellen Aminosäuren…
Zu viel Fruchtzucker kann den Schlaf rauben
Eine weitere häufige Störung in dieser Hinsicht ist eine intestinale Fructoseintoleranz, auch Fructosemalabsorption genannt. Es wird geschätzt, dass ca. 30% der Bevölkerung Fruchtzucker nicht richtig verdauen kann. Sollten Sie zu den Menschen gehören, die bspw. Äpfel nicht gut vertragen, dann sollten Sie sich auf intestinale Fructoseintoleranz testen lassen. Nicht verdaute Fructose verbindet sich im Darm mit dem L-Tryptophan aus der Nahrung. Diese Verbindung kann vom Darm nicht aufgenommen werden, sodass das gute L-Tryptophan leider wieder unverdaut ausgeschieden wird.
Problematisch ist aus dieser Sicht, dass wir alle ab einer bestimmten Menge Fructose nicht aufnehmen können. Es gibt ein natürliches Limit für Fructose, den Rest können wir nicht verstoffwechseln. Aus dieser Sicht ist es problematisch, dass die Industrie viele Nahrungsmittel mit Fructose süßt. Insbesondere ist hier der „High Fructose Corn Syrup“ (= Isoglukose) zu nennen, der seit 3 Jahren auch in der EU als Süßungsmittel erlaubt ist. In den USA werden schon seit Jahren die Softdrinks mit diesem meist gentechnisch veränderten fructosehaltigen Maiszucker gesüßt. Der Zusammenhang mit der dort grassierenden Fettleibigkeit ist schon lange bekannt. Der so gesund klingende Fruchtzucker: er kann depressiv machen!
Denn L-Tryptophan ist die Vorstufe für unser „Glückshormon“ Serotonin. Ein Mangel an Serotonin führt zu depressiven Verstimmungen und Depressionen. Im weiteren Verlauf aber auch zu Schlafstörungen, denn aus Serotonin wiederum entsteht Melatonin.
B-Vitamine und Magnesium sind wichtig für die Bildung von Melatonin
Gehen wir aber erst mal davon aus, dass wir ausreichend L-Tryptophan zu uns genommen haben. Dann stehen die nächsten Hürden an, die genommen werden müssen. Was machen wir nun damit? Wir bauen uns daraus 5-Hydroxytryptophan (5-HTP). Das macht unser Körper ganz von alleine – wenn er unter anderem ausreichend Vitamin B3 und Vitamin B6 bekommt. Hier kann wiederum eine unausgewogene Ernährung Probleme bereiten. Aber auch eine Insulinresistenz der Zellen (Vorstufe zum Diabetes mellitus Typ2), ein Magnesiummangel oder übermäßiger Stress können diese Umwandlung stören. Es gibt aber auch noch eine Reihe von Stoffwechselstörungen, die zu einem Mangel an Vitamin B6 führen. Beispielsweise die KPU oder eine funktionale Verwertungsstörung von Vitamin B6 sind hier zu sehen.
Aus 5-HTP wiederum wird Serotonin gebildet. Wie wir sehen, kann auf dem Weg dahin schon eine Menge schieflaufen. Es kommen aber noch weitere Probleme hinzu. Denn wie bereits Anfang des Jahres in meinem Beitrag zu den „Silent Inflammations“ ausführlich beschrieben habe, führen auch chronische Entzündungen zu einem Mangel an Serotonin. Bestimmte Botenstoffe wie Kynurenin konkurrieren mit dem Serotonin um das verfügbare Tryptophan im Körper.
Bei Depressionen – warten Sie nicht nur auf einen Termin beim Psychotherapeuten!
Lassen Sie bei depressiven Phasen und erst Recht bei Depressionen Ihren Wert von Tryptophan und Kynurenin im Körper ermitteln. Dies ist insbesondere wichtig, bevor L-Tryptophan therapeutisch als Medikament eingenommen wird. Denn bei bestimmten Entzündungsvorgängen im Körper heizt L-Tryptophan diese richtig an.
Ein weiterer Grund für einen Mangel an Serotonin kann auch eine Störung im Stoffwechsel sein, die aufgrund eines Defizits an bestimmten körpereigenen Wirkstoffen entstehen. So ist bspw. SAMe (S-Adenosyl-Methionin) als stoffwechselaktive Form der Aminosäure L-Methionin wichtig für die Methylierung und Aktivierung bestimmter Enzyme. Ein Mangel kann sich negativ auswirken.
Wenn bis hierhin alles gut läuft, dann besteht eine gute Chance, dass Ihr Körper auch ausreichend Melatonin bilden kann. Vorausgesetzt ist jetzt, dass Sie sich nicht durch helles Licht am Abend irritieren. Melatonin hat neben einem gesunden Schlaf noch eine ganze Reihe Aufgaben im Körper.
Melatonin: nicht nur für den Schlaf, sondern Waffe gegen Krebs und Infektionen
Eine der wichtigsten Aufgaben von Melatonin ist seine Funktion als sehr wirksames Antioxidans. Es dient selbst als Fänger für freie Radikale und erhöht die Wirksamkeit anderer Antioxidantien. Grundlegend ist hierbei vor allem seine fettlösliche Eigenschaft. Aus diesem Grunde ist es nämlich vor allem für das Nervensystem und das Gehirn so wichtig. Denn Fett macht nach Abzug des Wasseranteils einen Trockenanteil von 60% des Gehirns aus! Aus diesem Grunde sind Antioxidantien, die sich in Fetten lösen so wichtig. Die Gefahr für Demenzerkrankungen steigt mit zunehmendem Alter, die Bildung von Melatonin nimmt ab. Hier könnte ein Zusammenhang bestehen.
Verschiedene Studien lassen einen Zusammenhang zwischen der Behandlung mit Melatonin und verringerten Sterberaten bei Krebsbehandlungen erkennen. Melatonin erhöht die Anzahl der wichtigen T-Helferzellen. Diese schützen uns vor bösartigen Tumoren. Außerdem werden Zellen geschützt, die wichtig für die Blutbildung sind. Dies reduziert die Nebenwirkungen von Chemotherapien. Die Entartung unserer Zellen wird gehemmt indem die körpereigene Abwehr gestärkt wird.
Melatonin hat eine antiöstrogene Wirkung. Dies erklärt seine Wirkung insbesondere auf das Wachstum hormonabhängiger Tumore wie vor allem Brustkrebs. Interessant ist auch, dass Melatonin, das Wachstum von Prostatakrebs reduziert. Die Prostata ist das Gewebe mit den meisten Melatoninrezeptoren auf. Daher müssen ältere Männer häufiger nachts zur Toilette. Melatonin kann also helfen, dieses Symptom zu beseitigen.
Bei der Behandlung von Gehirntumoren, aber auch bei Lungen, Pankreas- und Darmkrebs sowie anderen Krebsartenzeigt zeigt die Behandlung mit Melatonin in den Beobachtungen gute Resultate. Die Todesraten sinken, es gibt wenig Nebenwirkungen und die Behandlung mit Melatonin ist recht kostengünstig.
Der Zusammenhang zwischen Melatonin und einem erhöhten Krebsrisiko zeigt sich in der Beobachtung, dass Schichtarbeiter ein deutlich erhöhtes Risiko haben, an einem bösartigen Tumor zu erkranken.
Melatonin im Kampf gegen Corona?
Forscher der Cleveland University haben einen Zusammenhang mit Melatonin und seiner positiven Wirkung in Bezug auf Corona Infektionen erkannt. So kann es bspw. mit ein Grund sein, warum es bei Kindern in der Regel keine schweren Krankheitsverläufe gibt. Sie haben gegenüber Erwachsenen und vor allem alten Menschen einen deutlich höheren Melatoninspiegel! Melatonin steht vor allem in den USA im Focus für Behandlungsmöglichkeiten von Covid19 Erkrankungen. In Deutschland ist man in dieser Hinsicht zögerlicher. Überhaupt ist hier Melatonin schon ab recht geringen Dosierungen verschreibungspflichtig. Hingegen findet man in den USA und in den Niederlanden hochdosiertes Melatonin freiverkäuflich in den Supermärkten.
Ein weiterer interessanter Aspekt von Melatonin ist seine Wirkung auf den Magen. So wirkt Melatonin auf den pH-Wert im Magen und kontrolliert den Schließmuskel zwischen Speiseröhre und Magen. Die empfindliche Speiseröhre wird so auf natürliche Weise vor Säure geschützt, Sodbrennen vermindert oder ganz verhindert.
Nicht zur Selbstbehandlung geeignet!
Generell kann ich nur davor warnen, ohne Verständnis für die Zusammenhänge und nur auf Verdacht hinein Präparate mit L-Tryptophan oder Melatonin einzunehmen. Auch wenn Melatonin im Gegensatz zu Serotonin die Blut-Hirn-Schranke überwinden kann, sollten diese Mittel unbedingt sorgfältig eingesetzt werden. Sehr sinnvoll sind vor allem, je nach Vorerkrankungen und Symptomen diverse Laboruntersuchungen. Gerade bei Schlafstörungen im Zusammenhang mit Depressionen sollten Tryptophan und Serotonin gemessen werden, ebenso Kynurenin und Qinolinsäure um auszuschließen, dass eine stumme Entzündung vorliegt.
Ich empfehle bei Patienten mit diesen Symptomen unter anderem die Untersuchung auf KPU, Vitamin B3 und B6, Tryptophan und Serotonin im Blut oder im Urin, sowie Melatonin im Speichel. Je nachdem welcher Parameter auffällig ist zeigt dieser an, wo genau die Ursache für das Problem liegt und dann kann zielgerichtet therapiert werden.
Bitte vereinbaren Sie einen Termin, ich freue mich auf Ihren Anruf!
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Quellen:
https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/23035019/
https://fructoseintoleranz.com/fructoseintoleranz-und-die-psyche/
https://de.wikipedia.org/wiki/Melatonin
www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/18815150
www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/22074586
https://www.klinik-st-georg.de/melatonin/#easy-footnote-7-12588