Immunitätslücke: warum sind jetzt im Sommer so viele krank?

Wir haben eine gravierende Immunitätslücke. Wir beobachten derzeit eine für diese Jahreszeit untypische hohe Zahl von akuten Atemwegserkrankungen und anderen viralen Infekten. Dies betrifft vor allem Kinder, aber nicht nur. Was ist die Ursache hierfür? Und vor allem: was kann man tun?

Attest bei Heuschnupfen

Ständig krank wegen Immunitätslücke? (© Ramona Heim/Shotshop.com)

Einige Menschen, vor allem auch Politiker, rufen bei dieser Frage nun zuerst nach den bekannten Masken als vermeintliche Dauerlösung. Auch in meinem privaten Umfeld habe ich in den letzten 2 Jahren öfters gehört, es sei doch super, dass mit den Masken Infektionen aller Art reduziert werden könnten. Wir könnten die doch am besten immer weitertragen. Jedoch sollte man sich kritisch die Frage stellen: ist das wirklich so? Hat die Maskenpflicht in Bezug auf Covid 19 tatsächlich etwas gebracht?

Was sind die Begleiterscheinungen? Kreieren wir dadurch nicht ganz neue Probleme? Was ist denn der eigentliche Grund dafür, dass jetzt im Sommer auf einmal typische Winterinfektionen auftauchen?

In der Tat ist der Zusammenhang nicht so einfach zu erklären. Sowohl das Verhalten von Viren und die Reaktionen unseres Immunsystems sind hochgradig komplex und füllen dicke Bücher und umfangreiche Studien. Die folgende Darstellung ist daher vereinfacht, beschreibt aber die wichtigsten Punkte.

Das Entstehen einer Immunitätslücke – einfach erklärt

Die meisten Atemwegsviren verbreiten sich im Herbst und Winter. In dieser Zeit halten sich die Menschen aufgrund von Kälte und Nässe überwiegend innen auf. Wir erinnern uns an die Zeit vor 2020: damals hatten wir in diesen Monaten weiterhin genauso viele soziale Kontakte wie im Sommer: privat, in der Schule und auf der Arbeit, beim Sport usw. Die letzten beiden Winter waren jedoch mit sehr eingeschränkten sozialen Kontakten verbunden. Sport zu treiben war lange verboten, Schulen und Kitas geschlossen, die Menschen arbeiteten im Homeoffice. Geschäfte, Kneipen und Restaurants waren geschlossen. Es galten Kontaktbeschränkungen. „Social distancing“ und „stay at home“ waren der vorgegebene Trend, an den sich die meisten gehalten haben.

Der direkte Kontakt zu unseren Mitmenschen war deutlich eingeschränkt, somit aber auch der Austausch mit deren Viren und anderen Krankheitserregern. Statt eines regelmäßigen Kontakts und Trainings machte unser Immunsystem eine lange, lange Pause. Währenddessen haben sich die Viren erst mal nicht weiter verbreitet, aber trotzdem wie immer weiter entwickelt.

Hinzu kam, dass wir uns seit April 2020 zum Schutz vor Corona Viren Masken vor Mund und Nase ziehen mussten. Dies hat jedoch nicht nur mutmaßlich die Infektion mit SARS-CoV-2 verhindert, sondern dann auch die Infektion mit ganz normalen Rhinoviren, mit Influenzaviren und all den vielen, vielen anderen Atemwegserregern.

Auf der Suche nach neuen Konzepten

Selbst Herr Lauterbach hat auf der Jahrestagung der PKV am 03.06.22 von einer Immunitätslücke in der Gesellschaft gesprochen. Was er dort in seiner gewohnt speziellen Satzteilaneinanderreihung sagte fand ich jedoch ganz interessant, wenn man sich die Aussagen einzeln anschaut:

„Wenn wir hier kein Konzept haben, um noch einmal neu zu impfen, um noch einmal einen besonderen Schutz zu haben, dann sind die vulnerablen Gruppen erneut vulnerabel.“ Wir brauchen ein Konzept, um neu zu impfen – die meisten Menschen sind bereits mind. 3 mal geimpft. „Neu zu impfen“ ist eine andere Aussage als „erneut“ zu impfen, also zu boostern. Was ist denn mit den alten Impfungen? Wirken die doch nicht wie versprochen? Was ist die „neue“ Impfung? wie soll der besondere Schutz erfolgen? Ist das ein besserer Schutz als der bisherige? Dieser Satz wirft mehr Fragen auf, als er Antworten gibt. Es gibt Impfstoffe und es gibt durch die Stiko vorgegebene Impfempfehlungen. Wieso haben wir kein Konzept?

„Und wir werden diesmal eine besondere Situation haben: Wir rechnen auch mit einer starken Grippewelle und wir rechnen mit vielen RSV-Infektionen. Das hat einfach damit zu tun, dass die Immunität in den letzten Jahren zurückgegangen ist, weil die Schutzmaßnahmen auch dort geschützt haben, sodass sich dort eine Immunitätslücke aufbauen konnte.“ Damit bestätigt er genau das, was ich oben beschrieben habe. Die Schutzmaßnahmen haben zu einer Abnahme der allgemeinen Immunität geführt. Aufgrund dieser Immunitätslücke haben Viren es nun leichter, sich schnell zu verbreiten.

„Und diese Immunitätslücke ist jetzt bedeutsam, sehr bedeutsam für die Welle, auf die wir kommen. Also daher haben wir hier mit einer neuen Covidwelle zu tun, mit einer Grippewelle haben wir zu tun, mit RSV haben wir zu tun.“ Wir haben also eine Immunitätslücke gegenüber Grippeviren und RSV – aber eben auch gegen Covid! Diese Immunitätslücke ist bedeutsam für die nächste Welle. Daraus lässt sich folgern, dass wir ohne diese Maßnahmen jetzt keine große Immunitätslücke mehr gehabt hätten – weder für Corona, noch für alle anderen Erreger. Die nächste Welle wäre somit weniger bedrohlich, da unsere Immunsysteme noch funktionieren würden und auch mit Corona Viren zurecht kämen.

Deutschland auf dem Sonderweg

Etliche andere Länder haben die Restriktionen deutlich früher gelockert und akzeptiert, dass es Infektionen geben wird. Vielerorts wird Covid mittlerweile tatsächlich nur noch wie ein Erkältungsvirus behandelt. Sind wir Opfer unserer strikten Maßnahmen?

Zusammengefasst: „dass die Immunität in den letzten Jahren zurückgegangen ist, weil die Schutzmaßnahmen auch dort geschützt haben, so dass sich dort eine Immunitätslücke aufbauen konnte“. Wenn Viren auf untrainierte und dadurch geschwächte Immunsysteme treffen, dann dürfen wir uns nicht über häufige Infektionen wundern! Ein gutes Immunsystem bedeutet ja nicht, nie zu erkranken. Ein gutes Immunsystem kommt mit Erregern gut zurecht und bekämpft diese schnell – also der bekannte Schnupfen.

Kleinkinder und Neugeborene brauchen Kontakt mit anderen

Gerade für Kleinkinder ist sehr wichtig, dass sie durch regelmäßige und unterschiedliche Kontakte ihre Immunität aufbauen können. Es war also nicht nur für die geistige und soziale Entwicklung katastrophal, dass Kitas geschlossen waren, sondern auch für deren Immunsystem.

Wichtig ist auch zu wissen, dass der sogenannte „Nestschutz“ für Neugeborene eingeschränkt ist, wenn das Immunsystem der Mutter untrainiert ist. Kommt die Mutter über einen längeren Zeitraum mit keinen Erregern in Kontakt, dann kann sie keine Antikörper aufbauen. Diese gibt sie während der Schwangerschaft an ihr Baby weiter, welches dann in den ersten Wochen und Monate so normalerweise gut geschützt ist vor Infektionen.

Viele Viren mutieren regelmäßig, nicht nur das Corona Virus. Vor allem von den Influenza Viren war dies bislang bekannt. Wenn wir regelmäßig mit den Viren in Kontakt kommen, dann kann sich unser Immunsystem auch regelmäßig anpassen. Passiert dies nicht, dann entsteht eine Immunitätslücke auch gegenüber Erregern, die bislang keine große Krankheitsgefahr dargestellt hatten. Das betreffende Virus kann sich nun einigermaßen ungehindert ausbreiten und wir bekommen eine Infektionswelle!

Die Maßnahmen zur Verringerung der Ausbreitung von Corona haben sich somit auf die Verbreitung nahezu aller Viren ausgewirkt – nicht weniger, sondern mehr Infektionen!

No-Covid funktioniert nicht

Wir erinnern uns noch einmal: die Maßnahmen zur Eindämmung der Infektionen dienten verschiedenen Strategien. Es gab (und gibt immer noch) zum einen die Verfechter einer strikten No-Covid Linie. Das Ziel war hier, das Virus „auszurotten“. Wir sehen nun aber in Ländern, die sich lange sehr strikt abgeschottet hatten, dass dies bei einem Atemwegserreger nun mal nicht funktionieren kann und niemals funktionieren wird. China probiert sich immer noch an diesem Weg mit katastrophalen Folgen für die Menschen. Menschenrechte werden mit Füßen getreten, Menschen über Wochen zuhause oder in Internierungslagern eingesperrt.

Lockdowns und Schulschließungen hatten keinen positiven Effekt auf das Infektionsgeschehen. Das weiß man mittlerweile aus vielen Studien.

Flatten the curve

Flatten the curve (Quelle SWR)

Flatten the curve (Quelle SWR)

Der rationalere Teil der Strategie lautete: „flatten the curve“. Das Ziel war, die Infektionskurve flach zu halten, damit das Gesundheitssystem nicht überlastet wird durch zu viele gleichzeitige Infektionen. Hintergrund dieser Strategie war aber niemals, dass eine Infektion mit Corona komplett und dauerhaft vermieden würde – die Infektionen sollten sich nur in die Länge ziehen und somit Spitzen vermieden werden. Dieses Ziel ist jedoch leider mittlerweile in Vergessenheit geraten. Viele Menschen sehen es immer noch als höchstes Ziel an, Infektionen auf jeden Fall zu vermeiden. So wie wir aber auch eine normale Erkältung, ausgelöst bspw. durch Rhinoviren, nicht vermeiden können werden wir auch nicht dauerhaft eine Corona Infektion vermeiden können.

Wir müssen mit dem Virus leben lernen und dabei nicht unsere Grundrechte aufs Spiel setzen. Damit meine ich jetzt nicht, dass wir nun alles darauf anlegen sollten um uns zu infizieren und damit zu immunisieren. Wir sollten einfach lockerer damit umgehen und präventiv unsere Gesundheit schützen durch eine gesunde Ernährung und Lebensweise.

Übrigens sollten die Maßnahmen ursprünglich nur solange gelten, bis Impfstoffe verfügbar sind. Andere Länder sind diesen Weg auch so gegangen. Wir jedoch haben nun für jeden verfügbare Impfstoffe, eine hohe Impfrate, viele Menschen tragen immer noch Maske – und werden trotz „Boosterns“ krank – teilweise mehrfach. Dazu haben sich viele Menschen durch Infektion immunisiert oder natürlich „geboostert“. Irgendetwas funktioniert da doch nicht so wie es uns gesagt wird. Daher finde ich einen gewissen Zweifel an der Sinnhaftigkeit der Maßnahmen durchaus legitim.

Gerade für Kinder haben die Maßnahmen immunologische Folgen, die momentan noch gar nicht ganz absehbar sind. Die Zunahme der Infektionen ist nun als Nachholeffekt zu bewerten. Ganze Bevölkerungsgruppen müssen ihre Immunität wieder aufbauen, dies geht eben nur durch Kontakt mit den Viren. Statt dass dies wie früher üblich häufig symptomlos verläuft, gibt es nun aber vermehrt Erkrankungen.

Im RKI Bericht der Arbeitsgemeinschaft Influenza können wir erkennen, dass es dieses Jahr nicht den sonst beobachteten saisonalen Abfall der Atemwegs-Infektionen gegeben hat:

Immunitätslücke erkennbar an den RKI Daten

Immunitätslücke erkennbar an den RKI Daten

Maßnahmen „O bis O“

Ich weiß nicht, welche Pläne die Bundesregierung tatsächlich hat. So wie letzte Woche zu hören war, plant man aber zukünftig eine generelle Maskenpflicht von Oktober bis Ostern. Generell bedeutet dabei: diese Maßnahmen sind verpflichtend und unabhängig von Infektionszahlen und Krankheitsgeschehen, auch unabhängig davon, welcher Erreger gerade kursiert – ob überhaupt.

Die O bis O Regel ist für Winterreifen gut. Dass unsere Regierung nun aber Menschen mit Autos und Masken mit Reifen vergleicht, finde ich zynisch und unpassend.

Was ist eigentlich das Ziel?

Die Lösung kann es doch wie oben gesehen eben nicht sein, immer weiter Infektionen aller Art zu vermeiden – der Teufelskreis würde sich sonst immer weiterdrehen. Die Immunitätslücken würden zu Immunitätskratern! Wir haben vor 2020 mit Influenza und anderen Viren gut überstanden ohne irgendwelche gesetzlichen Maßnahmen und ohne dass dies ein großes Thema war. Warum sollte uns das nicht wieder gelingen?

Was aber jetzt eigentlich noch das Ziel der Maßnahmen ist, das ist mittlerweile im Nebel der durch das Tragen der Masken beschlagenen Brillen verschwunden. Irgendwie hat sich die Thematik verselbständigt, so scheint es. Politiker sprechen davon, die Bevölkerung zu schützen. Wovor denn aber eigentlich wirklich?

Wichtige Faktoren zur Vermeiden von Immunitätskratern

Es ist nicht die Aufgabe des Staates, um jeden Preis Infektionen zu vermeiden, damit das Gesundheitssystem nicht kollabiert. Vielmehr ist es die Aufgabe des Staates für ein stabiles Gesundheitssystem zu sorgen, sodass es auch bei Krankheitswellen nicht zu Überlastungen kommt. Unangemessene Sparmaßnahmen und der allgemein bekannte Pflegenotstand sind meiner Meinung nach zu bekämpfen. „Die schwierige Lage in den Kinder- und Jugendkliniken ist zudem nicht auf die Pandemielage zurückzuführen, sondern ausschließlich das Ergebnis unangemessener Sparpolitik im klinischen Bereich der Versorgung von Kindern und Jugendlichen.“ lautete es in einer Pressemitteilung des Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte am 09.06.22.

Die Unikliniken in NRW werden seit Wochen bestreikt mit dem Ziel, die Arbeitsbelastung zu reduzieren. Von einer stabilen Patientenbetreuung sind wir soweit entfernt wie noch nie. Die Ursache ist allerdings kein Virus, sondern eine verfehlte Politik und Sparmaßnahmen am falschen Ende.

Lauterbach warnt

Wichtig: Stopp der allgemeinen Angst- und Panikmache. Angst schwächt das Immunsystem und hindert am logischen Denken. Dies erschwert leider auch bei vielen Menschen ein sachliches Gespräch. Bei der Google-Suche nach „Lauterbach warnt“ gibt es tatsächlich mittlerweile fast 2 Millionen Ergebnisse im Netz. Er ist aber nicht der Einzige der übertrieben nach Maßnahmen ruft. Insbesondere die Grünen tun sich hierbei stark hervor und fordern jetzt schon lautstark nach Maßnahmen im Herbst – obwohl noch keiner weiß wie die Lage sein wird.

Viele von Ihnen werden die Sommerferien im Ausland verbringen. Schauen Sie sich bitte mal dort um. Wie mir berichtet wird, trägt in kaum noch einem Land jemand Maske. Deutschland sollte sich zur Abwechslung mal von seinen Nachbarn inspirieren lassen. Die Belgische Bahn hat tatsächlich sogar eine landesweite Kampagne gestartet mit maskenfreien Gesichtern und (übersetzt) bye-bye Maske, hallo Lächeln…

Damit ich nicht missverstanden werde: wer ein eingeschränktes Immunsystem hat und wer sich mit Maske in Innenräumen geschützter fühlt, der soll sie gerne weiter aufsetzen. Als Maßnahme des persönliches Schutzes mag sie helfen, wenn sie denn korrekt getragen und regelmäßig gewechselt wird. Ich sehe aber immer noch täglich Kinder auf dem Weg zur Schule mit Maske laufen: alleine und draußen! Da frage ich mich – was soll das? Sind das Angststörungen?

Förderung der individuellen Gesundheit

Alle Maßnahmen zur Stärkung der individuellen Gesundheit sollten gefördert werden. Dazu zählen natürlich der Abbau von Übergewicht und die Reduzierung von Stress, gesunde Ernährung und wo nötig Nahrungsergänzungen. Die Wichtigkeit von Vitamin D muss immer wieder betont werden, das ist aber nicht das einzige. Das Spektrum ist riesig, wie Sie Ihr Immunsystem individuell unterstützen können – dazu berate ich Sie gerne.

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Quellen:

Rede Lauterbach bei der PKV

https://www.n-tv.de/wirtschaft/Wir-haben-uns-den-Streik-nicht-ausgesucht-article23406068.html

https://www.bvkj.de/politik-und-presse/nachrichten/250-2022-06-09-berufsverband-der-kinder-und-jugendaerzte-uebt-deutliche-kritik-an-den-aktuellen-ausfuehrungen-des-expert-innenrate

https://www.aerzteblatt.de/archiv/225629/Gesundheit-von-Kindern-und-Jugendlichen-in-der-Coronapandemie-Die-Schulschliessungen-waren-fuer-die-meisten-Kinder-toxisch

https://alasdairmunro.substack.com/p/why-are-all-the-kids-sick-in-summer?s=r

https://www.tagesschau.de/inland/lage-kinderkliniken-101.html