Abführmittel: führen sie zu Demenz?

Viele Menschen greifen zu Abführmitteln, weil ihre Verdauung nicht funktioniert. Über 1/3 der Bevölkerung nimmt regelmäßig Abführmittel, nicht wenige Menschen sogar täglich. Die Präparate gehören zu den umsatzstärksten Gruppen bei rezeptfreien Arzneimitteln. Allerdings haben Abführmittel wie alle Medikamente möglicherweise Nebenwirkungen – so können einige von ihnen bspw. das Risiko für Demenz steigern.

Abführmittel können das Demenzrisiko erhöhen (Foto: damedeeso:Shotshop.com)

Abführmittel können das Demenzrisiko erhöhen (Foto: damedeeso:Shotshop.com)

Gerade ältere Menschen neigen häufig zu einer trägen Verdauung. Dann wird gerne einmal nachgeholfen. Der Apotheker Ihres Vertrauens hat hierfür eine Reihe von verschiedenen Präparaten im Angebot. Allerdings ist Vorsicht geboten, denn eine neue Studie hat vor einigen Wochen gezeigt, dass ein langfristiger Gebrauch von Abführmitteln das Gehirn beeinträchtigen kann.

Volkskrankheit Demenz

Es wird erwartet, dass bis zum Jahr 2050 2,8 Millionen der Menschen in Deutschland an Demenz leiden werden, Ende 2021 waren es bereits fast 1,8 Millionen. Leider wird meiner Meinung nach noch viel zu wenig unternommen, um präventiv dagegen vorzugehen. Der Bundesgesundheitsminister hat es sich viel mehr auf die Fahnen geschrieben, in einem der kältesten Länder der Welt Hitzetote zu verhindern…

Forscher der University of Cambridge und der Chinesischen Akademie der Wissenschaften haben die Gesundheitsdaten von über 500.000 Menschen ausgewertet. Diese waren zu Beginn der Studie zwischen 40 und 65 Jahre alt. Die Entwicklung ihres Gesundheitszustands wurde über zehn Jahre auf verschiedene Aspekte hin untersucht. Dabei galt eine Frage speziell der chronischen Nutzung von Abführmitteln an den meisten Tagen der Woche.

Abführmittel und Demenz – wie hängt das zusammen?

Die Auswertung der Daten war interessant, denn sie zeigte, dass die Probanden mit regelmäßiger Einnahme von Abführmitteln deutlich häufiger (1,3%) an Demenz erkrankten als die übrigen (0,4%). Nun muss man natürlich immer auch andere Faktoren berücksichtigen. Aber nach Ausschluss anderer Risikofaktoren, wie Vorerkrankungen zeigte sich ein erhöhtes Demenzrisiko von 50% bei regelmäßiger Einnahme von Abführmitteln.

Auffällig waren hierbei vor allem osmotisch wirksame Präparate. Dies sind Mittel, die Wasser in dem Darm ziehen und dadurch den Stuhl verdünnen. Bei einem zu häufigen und zu langen Gebrauch, aber auch bei hohen Dosen kann dadurch der Mineralstoff- und Wasserhaushalt des Körpers gestört werden.

Ergänzend sei noch erwähnt, dass sich nur das Risiko für sogenannte vaskuläre Demenzen erhöht, nicht für Alzheimer. Vaskuläre Demenz ist eine geistige Funktionsstörung aufgrund der Zerstörung von Hirngewebe durch eine verringerte oder blockierte Blutversorgung, bspw. nach großen oder vielen kleinen Schlaganfällen.

Darm-Hirn-Achse gestört

Was haben nun aber Abführmittel mit dem Gehirn zu tun? Der Darm und unser Gehirn kommunizieren miteinander, vor allem über den Vagusnerv. Das ist die sogenannte Darm-Hirn-Achse. Bei einer gestörten Darmflora kann diese Verbindung gestört sein. Auch die Produktion von wichtigen Neurotransmittern kann negativ beeinflusst werden. Osmotisch wirksame Abführmittel verändern nun aber nachweislich die Zusammensetzung der Darmbakterien. Dies hat über die Darm-Hirn-Achse dann wiederum Auswirkungen auf die Leistungsfähigkeit des Gehirns.

Dazu kommt aber auch noch, dass Abführmittel die Epithelzellen des Darms stören und somit die Barriere nach außen durchlässig machen können. Dies fördert wiederum den Aufnahme Fremdstoffen in den Körper. Hierbei können sich auch neurotoxische Stoffwechselprodukte befinden. Sie gelangen somit verstärkt in das zentrale Nervensystem und begünstigen Entzündungsprozesse.

Ein Leaky Gut fördert die Aufnahme neurotoxischer Substanzen

Der hier beschrieben Vorgang trifft natürlich auch auf die Folge eines Leaky Gut Syndroms aufgrund anderer Ursachen zu. Gründe für Leaky Gut, also einen löchrigen Darm gibt es viele. Chemische Zusatzstoffe in der Nahrung wie Farbstoffe und Emulgatoren, Nahrungsmittelunverträglichkeiten oder eben eine gestörte Darmflora können die Auslöser sein.

Ob Ihre Darmbarriere durchlässig ist kann mittels einer Stuhlprobe ermittelt werden. Das erforderliche Material erhalten Sie bei mir. Das Leaky Gut Syndrom sehe ich sehr häufig in meiner Praxis. Es muss immer mit Priorität behandelt werden.

Ballaststoffe sind wichtig

Was sind aber die Ursachen für eine Verstopfung? Was führt dazu, dass Menschen überhaupt Abführmittel einnehmen? Häufig reicht bereits eine Umstellung der Ernährung aus, um die Stuhlfrequenz zu erhöhen. Mehr Ballaststoffe aus Vollkorngetreide, Obst und Gemüse zusammen mit ausreichend Flüssigkeit in Form von Wasser und ungesüßtem Kräutertee kann schon helfen. Ballaststoffe sind faserartige Bestandteile in pflanzlichen Lebensmitteln. Diese binden im Darm relativ große Mengen Wasser und machen dadurch den Stuhl weicher. Außerdem erhöhen sie sein Volumen und regen dadurch die Darmbewegungen an.

Ballaststoffe sind aber auch wichtig für unsere Darmbakterien. Etliche von unseren kleinen Mitbewohnern ernähren sich zwingend von Ballaststoffen. Daher sollte bei einer ballaststoffarmen Ernährung auch nur langsam deren Aufnahme gesteigert werden. Der Körper muss sich langsam daran gewöhnen, sonst kann es zu unangenehmen Blähungen führen.

Wenn Sie trotz einer ballaststoffreichen Ernährung nicht mindestens jeden 2. Tag Stuhlgang haben, dann sollten Sie der Ursache nachgehen. Verstopfung ist bspw. ein typisches Symptom bei einer Schilddrüsenunterfunktion. Ein allgemeiner Energiemangel führt aber auch zu Verdauungsstörungen. Der Körper bildet dann nicht ausreichend Enzyme und hat zu wenig Kraft für die Peristaltik, also das Zusammenziehen der Muskulatur zum Weitertransport. Es fehlt das sogenannte Verdauungsfeuer.

Also: bevor Sie dauerhaft zu Abführmitteln greifen: lassen Sie sich beraten und versuchen Sie die Ursache zu finden.

PS:

Osmotisch wirkende Abführmittel sind vor allem:

  • Polyethylenglycol (Macrogol)
  • Lactose und Lactulose
  • Bittersalz (Magnesiumsulfat) und Glaubersalz (Natriumsulfat)

Quellen:

https://n.neurology.org/content/100/16/e1702

https://www.bdh-online.de/abfuehrmittel-moeglicherweise-ein-demenz-risikofaktor/

https://www.bah-bonn.de/redakteur_filesystem/public/20200507_BAH_Zahlenbroschuere_2019_WEB.pdf

https://de.statista.com/statistik/daten/studie/181204/umfrage/haeufigkeit-verwendung-von-abfuehrmitteln/

https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_Länder_nach_Temperatur

https://www.gelbe-liste.de/selbstmedikation/obstipation/osmolaxanzien

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